Tribe-Notes 03/23 – Die Zeichen sehen
Ein Oktopus & ein Ort namens Óbidos. Und all das in einer Phase absoluter Ungewissheit und unbändiger Leichtigkeit. Vielleicht mein Mantra für das Jahr 2023.
TRIBE-Notes #18 | März 2023
Wenn ich dem Jahr 2023 ein Label, eine Affirmation, ein Mantra verpassen würde, dann vermutlich dieses:
ABSOLUTE UNGEWISSHEIT. UNBÄNDIGE LEICHTIGKEIT.
Alles fühlt sich gerade ein bisschen an wie das ‚Spiel des Lebens‘, das wir traditionellerweise zu Weihnachten mit der ganzen Familie spielen.
Zurück auf los.
Alle Möglichkeiten.
Grenzenlose Freiheit.
In diesem Jahr bin ich als Vorletzte ins Ziel gekrochen.
Mit einem Mann, einem Kind und einem Haustier im Auto.
Lieber wäre ich mit 3 Hunden im Cabrio durch die Prärie gebrettert und hätte auf dem Weg in ein Strandhaus investiert. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert.
Ich war nicht annähernd so reich wie beim letzten Spiel, aber auch nicht völlig pleite. Immerhin.
Ich muss gestehen: Ich habe gerade keinerlei fixe Pläne oder konkrete Ziele.
2023 ist ein Buch und egal, wo ich es aufschlage, finde ich verstörend viel Weißraum.
Vermutlich sind die Ereignisse der letzten 3 Jahre nicht ganz unschuldig daran.
Und versuche nachsichtig mit mir zu sein, jedes Mal, wenn ich Mühe habe, mich auf etwas festzulegen.
Ich will einfach nichts planen, aus dem dann nichts wird.
Ich will mich nicht auf etwas freuen, das mir das Universum im letzten Moment wie eine kratzbürstige Katze aus der Hand schlägt.
Ich bin maßlos gelassen geworden.
Ein Retreat wird gecancelt. Ok.
Der Cashmere-Pulli im Sale ist nicht mehr zu haben. So what?
Aus dem großen Auftrag wird nichts. Cool, mehr Zeit für mich.
Ich fokussiere mich auf die Konstanten in meinem Leben.
Denn die Frage ist:
WAS IST MIR WIRKLICH WICHTIG?
AUF WELCHE DINGE KANN ICH KEINESFALLS VERZICHTEN?
Eine Aufgabe, die schnell erledigt ist, denn die Antworten liegen auf der Hand:
1. An wunderbare Orte zu reisen
2. Dem Meer nah zu sein
3. Zeit mit meinen Lieblingsmenschen zu verbringen
Insofern war es eine glasklare Entscheidung für mich, im Februar nach Portugal zu reisen, um beim Path of Love-Retreat dabei zu sein. Denn:
1. Portugal ist mein liebster Place to be.
2. Das Meer, insbesondere der Atlantik, ist meine absolute Kraftquelle.
3. Ich treffe die Menschen, die so wie ich auf einer Reise in die Tiefe sind.
Mein erster Path of Love war 2016 ebenfalls in Portugal. ‘Klar, wo denn auch sonst’, höre ich dich förmlich sagen, wenn du schon länger mit mir auf der Reise bist ;)
In diesem Jahr gehörte ich mit rund 45 anderen Menschen aus aller Welt zum Staff-Team.
Und ja, es ist das Weltoffene, das Grenzenlose, die Internationale, das ich bei solchen Retreats schätze.
Es war ein Zusammentreffen mit meinen portugiesischen Freunden, mit ‚alten‘ Retreat-Bekannten aus Russland oder Italien sowie mit vielen neuen Menschen, die aus Marokko, Brasilien, Deutschland, Belgien, UK oder Litauen angereist waren.
Wir alle hatten eine Gemeinsamkeit: Wir haben den Path of Love selbst schon mal durchlebt – einen tiefgreifenden Prozess rund um Inner-Child-Healing, Trauma-Recovery, Shadow-Work, Meditation, Tanz, Embodiment..
Dieses 8-tägige Retreat lässt sich nur schwer in Worte fassen.
Nein, nicht nur schwer, sondern eigentlich gar nicht.
Hm…streichen wir das ‚eigentlich‘ auch noch.
Man sagt, der Path of Love hat in nur einer Woche die Wirkung von 5 Jahren Therapie. Und ganz egal, mit welchen Problemen, Traumata, Erlebnissen oder Sehnsüchten die TeilnehmerInnen kommen, sie verlassen das Retreat mit dem puren Glow im Gesicht, der das teuerste Beauty-Treatment in den Schatten stellt.
Der Weg zu diesem Strahlen ist allerdings tatsächlich kein Strandspaziergang, sondern beinharte innere Arbeit in einem sehr geschützten Rahmen, der nicht zuletzt durch das POL-Gründer-Duo Rafia und Turiya und einem erfahrenem TherapeutInnen-Team entstehen darf.
Was genau beim Path of Love passiert – ob Tagesablauf oder die persönlichen Geschichten der TeilnehmerInnen – ist highly confidential. Das betrifft auch das Staff-Team, das einerseits die TeilnehmerInnen wie ‚unsichtbare Angels‘ durch die Woche begleitet, aber auch selbst bestimmte Teile des Prozesses durchläuft.
Eine Reise in die Ferne und in die Tiefe also. Mein Credo in seiner höchsten Form.
Vor dem Retreat verbrachte ich eine Nacht in Lissabon & checkte in einem Apartment ganz in der Nähe der Rossio-Metrostation ein, die sich wieder einmal als besonders praktisch erwies, wenn man mit der Metro vom Flughafen in die Altstadt fährt und den Trolley nicht lange durch verwinkelte, kopfsteingepflasterte Gassen ziehen möchte.
Am nächsten Tag ging es mit J., einem Staff-Kollegen, in Richtung Óbidos. Ein rund eineinhalbstündiger Roadtrip, der auch an Peniche vorbeiführte. Dort, wo sich 2007 beim Surfen ein Wendepunkt in meinem Leben anbahnte, der mich ein Jahr später um die Welt reisen ließ.
Ich überredete J. vor dem Check-in & dem ersten Staff-Meeting einen Abstecher zum Atlantik zu machen. An der Praia do Bom Sucesso überschlugen sich die Wellen vor lauter Freude mich zu sehen.
Herz, was brauchst du mehr zu deinem Glück als diese feine Linie im Blick, die den weiten Himmel vom tiefen Ozean trennt?
Es fällt mir nicht leicht, mich vom Meer zu trennen, doch unser Ziel ist ein anderes. Ich kann nicht glauben, dass mich meine Reise – wie zufällig – nach Óbidos führt, an diesen mittelalterlichen Ort, an dem ich schon mal war. Schon bei ersten Mal hatte ich es gar nicht vor. Es war ein Roadtrip mit einem Menschen, der nicht mehr da ist. Es war im August 2015. Die Erinnerung hinterlässt ein seltsames Gefühl, das ich zugleich festhalten und loslassen möchte.
Joy. Happiness. Ease.
Ich wollte mein Staffing-Abenteuer unter ein einfaches Motto stellen.
Ich dachte, ich mache es mir leicht.
Die letzten Monate waren hart genug.
WAS IST DEINE INTENTION?
WAS WILLST DU GEBEN?
UND WAS MÖCHTEST DU ZURÜCKBEKOMMEN?
Nachdem die kuratierten Beats des DJs, der eine Schlüsselrolle im gesamten Path-of-Love-Geschehen einnimmt, verstummt waren, teilte ich im ersten Gruppen-Sharing beschwingt, dass ich mich einfach nur der Freude widmen möchte.
Vielleicht wäre es ja meine einzige Aufgabe, für andere da zu sein und dabei unbeschwert und fröhlich zu sein.
Ich hatte genug geweint, getrauert und unzählige Gedanken gewälzt. Den nächsten Orden, den ich mir umhänge, darf endlich wieder lachen und aus vollem Herzen strahlen.
Es kam anders. Ganz anders.
Und es war befreiend, erlösend, tiefgehend.
Es hat mich weitergebracht. Es hat mich mit mir selbst und anderen Menschen verbunden.
Ich bin viel tiefer in diesen Prozess eingetaucht als geplant.
Dass sich das Leben weder planen, noch steuern oder kontrollieren lässt, sollte ich mittlerweile eigentlich verstanden haben.
Wie könnte mich auch das Erlebte der anderen völlig ungerührt lassen?
Wie könnte ich nur die teilnahmslose Beobachterin spielen, sobald alle Masken und Fassaden fallen?
Wie könnte mich eine Umgebung völlig kalt lassen, in der Mitgefühl, Authentizität und Akzeptanz den Raum erwärmen?
Und weil der Path of Love eine höchst vertrauliche Angelegenheit ist, erzähle ich nur diese eine unverfängliche und für mich dennoch tiefgreifende Geschichte:
Man stelle sich eine Art Gehmeditation vor.
Dazu der herzergreifende Sound, mit dem der DJ den Raum flutet.
Wir gehen im Kreis.
Ich setze langsam einen Fuß vor den anderen und weiß nicht, was mein ‚Prayer‘ sein könnte. Ich finde keine passende Affirmation, die wir für uns selbst finden und formulieren sollen.
WAS WÜNSCHE ICH MIR?
WAS IST MEINE SEHNSUCHT?
WELCHEN WEG MÖCHTE ICH GEHEN?
WAS WILL ICH IN DIESEM JAHR BEWEGEN?
WAS IST MEINE MISSION?
Zurück auf Los. Ich weiß es nicht.
Ich beschließe, die Kontrolle und alle angestrengten Gedanken gehen zu lassen.
Einfach zu sein und das Leben zu lieben. Statt immer nur zu denken, zu machen und zu tun.
Wenn mir das Universum doch einfach ein Zeichen geben würde, damit ich weiß, dass ich nicht völlig auf dem Holzweg bin. Damit ich sicher sein kann, dass das hier ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Nur ein klitzekleines Zeichen wäre schön. Ich kann die Ungewissheit aushalten und ich muss auch gar nicht wissen, was in der Zielgerade auf mich wartet, aber wie wäre es mit einem Anhaltspunkt?
Ich löse meinen Blick vom Boden und schaue geradeaus. Vor mir geht M. aus Chicago. Er trägt einen beigen, verwaschenen Hoodie. Es braucht noch ein paar Schritte und pompöse Musik bis meine Augen das Gesehene an mein Gehirn weiterleiten und von dort dauert es noch eine gefühlte Ewigkeit, bis mein Herz bei meinem Ego anklopft und sagt:
Sag‘ mal hast du keine Augen im Kopf?
Das Zeichen! Hier! Genau vor deiner Nase!
Ich studiere den Aufdruck auf M.’s Hoodie und erkenne einen großen Oktopus, der unter der Kapuze deutlich seine 8 Arme über die gesamte Hoodie-Rückseite ausstreckt.
Ein Oktopus? Are you kidding me?
Ein Zeichen, das man einfach übersehen – oder aber erkennen könnte, dass das Universum niemals untätig ist.
Mein Krafttier, das ich als goldenen Anhänger um meinen Hals trage und das mich in einem Wild Spirit-Retreat an der Algarve gefunden hat, taucht einfach so vor mir auf.
So selbstverständlich wie der blaue Schmetterling der ‚Queen of Manifestation‘ Gabby Bernstein. Die übrigens sagt, dass es auch ein Zeichen ist, wenn kein Zeichen auftaucht.
Universe, I’m impressed! Und M. wohl ziemlich überrascht von meiner spontanen Umarmung, die beim Path of Love zum Glück nicht sonderlich aus dem Rahmen fällt.
Zwar weiß ich immer noch nicht, was das Spiel des Lebens 2023 für mich parat hält, aber ich weiß, dass ich vertrauen kann, dem Weg weiter folgen darf.
Ich weiß, dass meine Intuition die nächsten Schritte schon genau vor Augen hat, auch wenn mein Verstand völlig im Dunkeln tappt.
Ich weiß, dass ich alle Gedanken, die mich klein halten wollen, über Board werfen darf. Wenn ich Lust habe, darf ich sie sogar wüst beschimpfen.
Und ich muss ihnen nicht mal den Rettungsring nachwerfen. Sie dürfen alleine untergehen, weil ich auf dem Schiff bleibe und tanze.
Ich weiß, dass ich nicht durch so vieles gegangen bin, nur um mich jetzt für die bequeme Mittelmäßigkeit zu entscheiden. Ich bin hier, um etwas zu bewirken und um mich weiterzuentwickeln. Dieses Leben erlaubt es mir nicht, meine Talente ungenutzt zu lassen.
Wenn das Universum nur annähernd Sinn macht, dann bin ich hier, um meine Emotionen in Worte zu fassen, damit du beim Lesen Gänsehaut bekommst.
Ich bin hier, um meine Geschichte zu erzählen und irgendwann dieses Buch zu schreiben, ob ich will oder nicht.
Und du bist hier, weil das alles kein Zufall ist.
Und vielleicht hast du Lust, dir meine Fragen aus diesen Tribe-Notes selbst zu stellen. Du brauchst die Antworten nicht suchen, denn sie werden dich finden.
Bleibe einfach offen, dann wirst du die Zeichen sehen…
xo Jeanette